Wer neu baut,
baut Leerstand.

Wir schaffen ein Problem: den Neubau.
Unsere Chance: Bestandsentwicklung in Innenlagen.

von Martin Puller

6. Februar 2023
Anteil am globalen Energieverbrauch0%
Anteil an den globalen C02-Emissionen0%

Quelle: JLL, Research Deutschland – Nachhaltigkeitszertifikat als Werttreiber, IEA (2019)

39% der co2-Emissionen

Das 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaschutzabkommen (2015) ist in weiter Ferne. Dennoch bauen wir munter weiter – neu, wohlgemerkt.

Die Immobilienwirtschaft ist für gut 36% des globalen Energieverbrauchs verantwortlich, sowie für rund 39% der globalen CO2-Emissionen. Im Vergleich dazu: Der Transport-Sektor verbraucht 28% der Energie, und ist für 23% der Emissionen verantwortlich, andere Industrien haben ein Anteil von jeweils 31%.

Es gibt keinen Change ohne die Immobilien­wirtschaft.

 

Martin Puller | indigo.

Noch immer zeigt alles in Richtung Neubau

 

Ohne die Immobilienwirtschaft ist der große Change in Richtung Klimapositivität also unmöglich. Längst führt im Bereich Mobilität – von lokal bis global – kein Weg mehr an alternativen Konzepten und Lösungswegen vorbei. Und was machen wir? Wir bauen weiter neu. Tag für Tag. Sämtliche Prozesse in der Immobilienwirtschaft sind nach wie vor auf den Neubau ausgerichtet. Dies beginnt bei der Flächenwidmung und den Bebauungsvorschriften, führt über die Bauordnungen und Regelwerke, die Planung, das Marketing und den Vertrieb bis zu den Produkten und der Realisierung.

Effizienz, Sicherheit und – Nachfrage?

Die Argumente dahinter lauten zumeist: Effizienz, Sicherheit – und Nachfrage. Hinsichtlich Effizienz ist die Rechnung natürlich komplex: Bauen wir für eine hochspezifische Nutzung und spezifische Nutzer:innen, deren Anforderungen klar erkenn- und umsetzbar sind, wird ein Neubau hinsichtlich Flächeneffizienz kaum zu schlagen sein. Bezogen auf die Kosten beziehungsweise die Investition erleben wir derzeit aufgrund der vor allem in den vergangenen Jahren deutlich gestiegener Baukosten eine Trendwende: Auf einmal ist der Neubau nicht mehr unschlagbar.

möglich Einsparung durch Nutzung der Tragstruktur0%

Der Graue Schatz

Der Anteil der Materialkosten an den gesamten Baukosten ist gestiegen, sodass nun das Vorhandene an Wert gewinnt: Was schon da ist, muss nicht mehr gebaut werden. Somit werden tragende und noch haltbare Strukturen mit einem Schlag erhaltenswert – selbst, wenn die Konfiguration und das Flächenlayout durch die Gegebenheiten des Bestands nicht ganz optimal ausfallen.

Das Potential liegt hier bei 20% bis 25% der Baukosten, die durch einen Erhalt eingespart oder anderweitig verwendet werden können. Dieser Puffer deckt auch den Mehraufwand, der in der Bestandsentwicklung in der Exploration und Planung entsteht. Es ist eine grauer Schatz, der im Bestand steckt – und darauf wartet, zu Gold gemacht zu werden!

möglich CO2 Einsparung0kg / m2

Quelle: Röck et al. “Towards Embodied Carbon Benchmarks for Buildings in Europe – #2 Setting the Baseline: A Bottom-up Approach,” 2022.

200 Kilogramm CO2 pro m2

Aus der ökologischen Perspektive betrachtet ist die Effizienz von Bestandsentwicklung ebenfalls deutlich: Der Energiebedarf für Umbauten – beginnend bei der Herstellung und des Transportes der benötigten Produkte, vor allem jedoch deren Menge – ist deutlich niedriger als im Neubau. Bis zu 200 Kilogramm CO2 pro m2 können so vermieden werden.

Der Bestand ist zudem unschlagbar, wenn es um Kreislauffähigkeit geht. So hat Weitzer Parkett einen komplett neuen Prozess entwickelt, um alte Parkettböden schonend auszubauen, zu reinigen und zu reparieren, um dann als neuwertiges Parkett (also auf dem gleichen Level of Use) wieder eingesetzt zu werden.

Besser als eine Überraschung ist die Vorfreude.

Sicherheit

Von der Idee bis zur Realisierung: Bestand birgt oftmals Überraschungen. Um ehrlich zu sein sind diese selten positiv. Doch stehen mittlerweile Technologien und Leistungen zur Verfügung, die Risiken erkennen und quantifizierbar machen. Das Um und Auf ist eine fundierte Analyse der Strukturen und des Materials, etwa mittels gezielter Materialexploration.

527.000

Bevölkerungszuwachs in Österreich | 2012 – 2021

615.000

fertiggestellte Wohnungen im Neubau | 2012 – 2021

Quelle: STATISTIK AUSTRIA, Baumaßnahmenstatistik 2012-2021

1,16 fertiggestellte Wohneinheiten. pro Person.

Der entscheidende Aspekt ist allerdings die Nachfrage. Dem Bauen wohnt eine natürliche Trägheit inne, sodass das Angebot immer nur verzögert auf die Nachfrage reagieren kann. Und dennoch: Zwischen 2012 und 2021 wurden in Österreich über 615.000 Wohneinheiten fertiggestellt. Im gleichen Zeitraum wuchs die Bevölkerung um 527.000 Menschen. In Relation zueinander entspricht dies 1,16 fertiggestellten Wohneinheiten pro Person. Oder umgekehrt: Jeder fertiggestellten Wohneinheit stehen 0,85 Personen gegenüber.

Wir müssen uns die Frage stellen, für wen wir eigentlich noch bauen.

 

Peter Nageler | indigo.

möglich CO2 Einsparung0kg / m2

Wer neu baut, baut eigentlich Leerstand.

Denn: Die Wohneinheiten, die im Bestand errichtet wurden, sind in diesen Zahlen nicht enthalten. Für 2021 waren dies rund 12.800 Einheiten – nur rund 15% an der Gesamtzahl der fertiggestellten Wohneinheiten.

Wer neu baut, baut also faktisch Leerstand. Oder trägt dazu bei, dass dieser entsteht.

Sehen wir die Chancen.

Warum führt kein Weg an Bestandsentwicklung vorbei? Durch den Fokus auf Bestandsentwicklung können weniger Ressourcen verbraucht und dazu verwendet werden, um bestehenden Raum qualitativ aufzuwerten. Gleichzeitig ist Bestandsentwicklung ein Impuls für Innenwachstum, sodass nicht nur der Bodenverbrauch, sondern auch die allgemeinen Infrastrukturkosten gesenkt werden können und mehr Lebensqualität in dichteren Quartieren entstehen kann.

Impact auf viele Bereiche.

Bestandsentwicklung hilft uns, Wege zu verkürzen und damit das Mobilitätsaufkommen zu reduzieren, sodass kluge Entscheidungen in der Immobilienbranche nicht nur die eigenen Verbräuche und Emissionen reduziert, sondern auch einen positiven Impact auf jene des Transportsektors hat. Und nicht zuletzt können so neue Prozesse entstehen, die den Kreislauf von Ressourcen schließen und so zu einem wesentlichen Beitrag in Richtung Klimapositivität leisten.

ESG und Taxonomie

Und auch ökonomisch betrachtet ist Bestandsentwicklung mittlerweile mehr Must- als Nice-To-Have: Die Gesamtinvestitionsrechnung ist mehrdimensional geworden. ESG-Kriterien und die EU-Taxonomie beziehungsweise deren Impact sind aus der Investmentrechnung nicht mehr wegzudenken.

Wir stehen also vor der Entscheidung: Bauen wir Leerstand, oder das Fundament für Wachstum mit Mehrwerten.

indigo.

indigo unterstützt und begleitet Unternehmen, Investor:innen und Gemeinden bei der Projektentwicklung im Bestand. Durch unsere jahrelange Expertise in der Planung und Innenentwicklung kennen wir die Herausforderungen und lösen sie – vom Einzelobjekt bis zum Quartier.

Zudem setzen wir eigene Initiativen um, etwa mit drüberbau – unserer Lösung gegen Bodenverbrauch.

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drüberbau – Unsere Lösung gegen Bodenverbrauch